Wie man Hunde zum lernen motiviert
Dass Hunde über Intelligenz und kognitive Fähigkeiten verfügen, ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt. Wobei jede Rasse sozusagen ihre eigene «Spezialität» hat. Doch wie wird Intelligenz beim Hund eigentlich definiert? Und wie erzielt man Lernerfolge?
Text: Sibylle Kläusler Titelbild: olgagorovenko/stock.adobe.com
Der Mensch hat sich den Hund durch die Zucht in speziell gewünschte Richtungen geformt. Jede Rasse hat (oder manchmal besser: hatte) ursprünglich einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Jeder einer Rasse zugehörige Hund musste bestimmte Fähigkeiten mitbringen, sonst drohte ihm manchmal Ungemach und im schlimmsten Fall sogar der Tod. Ein Jagdhund, der lieber bei seinem Herrchen blieb, war genauso wenig zu gebrauchen wie ein Hütehund, der sich aus dem Staub machte, um einem Hasen hinterherzurennen, anstatt sich um die Schafe zu kümmern. Die rassespezifischen Fähigkeiten waren entscheidend für das Leben eines Hundes. So wurde von einem Schäferhund erwartet, dass er sehr aufnahmefähig und zugänglich war für die Zusammenarbeit mit dem Menschen. Bei einem Hütehund wie dem Border Collie redet man zum Beispiel vom «will to please», dem Willen zu gefallen. Das heisst, der Hund muss sehr aufnahmefähig und gelehrig sein, um gut mit dem Schäfer zusammenzuarbeiten und auf die Signale zu reagieren. Hätte ein Herdenschutzhund (z.B. Maremmano oder Kangal) diesen «will to please», hätten er und die ganze Schafherde ziemlich schnell ein Problem. Denn von ihm wird erwartet, dass er die Herde beschützt, imposant, unbeirrbar, unbestechlich und selbständig ist. Ein Jagdhund braucht ein hohes Mass an Durchsetzungskraft und Eigensinn. Hunde, die für die Gesellschaft und das Begleiten der Menschen im Alltag gezüchtet wurden, sollten möglichst sozial und anschmiegsam sein. Und es gibt Rassen, bei denen der Fokus hauptsächlich auf das Erscheinungsbild gelegt wird.
Werden diese rassespezifischen Spezialitäten beachtet, bekommt der Begriff Intelligenz seine eigentliche Bedeutung. Bei Intelligenz geht es darum, adäquat und sinnvoll mit einer Aufgabe umzugehen. Der Mensch kann einiges dazu beitragen, die Intelligenz seines Hundes zusätzlich zu fördern, sprich, ihm neue Wege und Alternativen aufzuzeigen, wie er auch noch mit Aufgaben umgehen kann. Kurzum könnte man sagen: Beim Dazulernen geht es darum, eine positive, offene und neugierige Haltung zu provozieren und die Initiative des Hundes zu bestärken.
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Hunde lernen durch Erfahrungen, positive und negative, sowie durch ihre Neugier, genau wie wir Menschen. Vereinfacht: Sie versuchen, negative Erfahrungen zu vermeiden und positive zu wiederholen. Negative Erfahrungen sind eine Art Sackgasse. Sie fördern die Intelligenz des Hundes nicht. Möchten wir dem Hund etwas Neues beibringen, müssen wir ihm «hundlich» verständlich die Einzelschritte zeigen und ihn motivieren, diese Schritte zu wiederholen. Je lieber er jeden einzelnen Schritt macht, desto schneller lernt er.
Möchten wir zum Beispiel, dass der Hund lernt, unsere Hand anzustupsen, bestätigen wir zu Beginn nur schon den Blick zur Hand. Wir lenken die Aufmerksamkeit des Hundes also auf das gewünschte Ziel. Aber nicht mit Bestechung, indem wir ein «Goody» in der Hand halten. Der Hund muss schon aus Eigeninitiative mitmachen und proaktiv sein. Nur dann können die neuen Lösungswege etabliert werden.
So macht dem Hund lernen Spass
Je mehr wir in diese positive Richtung agieren, desto proaktiver, neugieriger und ideenreicher wird der Hund. Das so genannte Shapen ist darauf ausgerichtet. Shapen heisst, ein Verhalten zu formen und positiv in die gewünschte Richtung zu lenken. Genau wie wir Menschen lieben und brauchen Hunde Anerkennung und positive Stimuli.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass das Lernen mehr Spass macht, wenn wir gelobt und in unseren Aktivitäten bestärkt werden, als wenn wir ständig eins auf den Deckel kriegen. Das ist bei unseren Vierbeinern nicht anders.
Ständiges Korrigieren, Bestrafungen und Tadel erzeugen lediglich Hemmung und Frustration. Aber keine Lust, die Intelligenz weiterzuentwickeln.
Je mehr positive Stimuli bereits im Welpenalter vorhanden waren, desto mehr hat ein Hund auch später Lust zum Lernen. Doch selbstverständlich können auch erwachsene Hunde noch sehr viel Neues dazulernen. Jedoch wird es mit der Zeit schwieriger, gefestigte Gewohnheiten zu verändern. Auch hier verhält es sich nicht sehr viel anders als mit uns Menschen. Um den Hund zum Lernen zu motivieren, müssen wir herausfinden, was ihn wirklich begeistert, ihm Spass macht und ihn animiert. Nebst Spiel und Streicheleinheiten ist vor allem die Herzlichkeit wichtig. Der Hund spürt, ob wir echte Freude an seinen Anstrengungen ha-ben oder ob wir einfach ein formelles «brav» aussprechen.
«Es gibt keine gescheiteren und weniger schlauen Pelznasen. Höchstens motiviertere und weniger motivierte.»
Der Grat zwischen Unter- und Überforderung ist manchmal schmal. Trauen wir unserem Hund zu wenig zu, wird für ihn das Training schnell langweilig, er verliert das Interesse oder beginnt, Übersprungsreaktionen zu zeigen. Das Gleiche kann passieren, wenn wir die Lernschritte für den Vierbeiner zu gross gestalten. Verlangen wir vom Hund, dass er uns einen Gegenstand bringt, obwohl er noch überhaupt kein Interesse an diesem Gegenstand hat oder er die einzelnen Aufbauschritte nicht gelernt hat, heisst das nicht, dass er nicht klug genug ist, sondern, dass wir ihm die Lernschritte nicht klug genug und verständlich vermittelt haben. Und manche Hunde sehen schlicht keinen Sinn im Erfüllen der verlangten Aufgaben, vielleicht auch, weil es nicht ihrem Naturell entspricht. Die Intelligenz des Menschen zeigt sich dann darin, erstmal die Eigenheiten des Hundes zu akzeptieren und dann zu überlegen: Wie kann ich meinen Vierbeiner dazu bringen, das zu tun, was ich gerne von ihm hätte?
Es liegt am Menschen, dem Hund das Weiterlernen schmackhaft zu machen und ihn für das Lernen zu aktivieren und zu begeistern. Klar gibt es auch unter den Hunden Workaholics, die für alles zu begeistern sind. Doch das hat weniger mit Intelligenz an sich zu tun, sondern mit der Tatsache, dass unsere Hunde eine Geschichte haben und die Grundlagen für das Lernen gelegt und gefördert werden müssen. Kurz: Es gibt keine gescheiteren und weniger schlauen Pelznasen. Höchstens motiviertere und weniger motivierte. Alle Hunde sind klug, auf ihre ganz eigene Art und Weise.