Die Sprache der Katze

Unsere Hauskatzen können weit mehr als nur Miau sagen. Auch verfügen sie durch ihre Körperhaltung, ihre Ohren, ihre Augen und ihren Schwanz über vielfältige Kommunikationskanäle. Erfahren Sie, wie Sie die Katzensprache richtig deuten, und verstehen Sie, was die Katzen durch ihre Körperhaltung ausdrücken.

Text: Ruth Lisa Knapp   Titelbild: Melashacat/stock.adobe.com

Katzen kommunizieren miteinander und mit dem Menschen durch die Stimme. Wir können lernen, die Katzensprache respektive ihre Lautäusserungen richtig zu verstehen.

Die Sprache der Katzen

Katzen verfügen über vielfältige Möglichkeiten, mit ihrer Stimme etwas auszudrücken. Im Gegensatz zu Wildkatzen behalten Hauskatzen ihre Babysprache, in der sie sich mit ihrer Katzenmutter verständigten, ihr Leben lang bei. Später ergänzen und erweitern sie dieses Repertoire durch die Stimmäus­serungen der erwachsenen Katze. Der Verhaltensforscher Desmond Morris hat in seinem Buch «Cat Watching» die grundlegenden Botschaften zusammen­gefasst und gedeutet.

Miau heisst: Beachte mich!

Das wohlbekannte «Miau», der häufigste, genetisch vererbte Katzenlaut, hat seinen Ursprung im Angewiesensein der Jungtiere auf die Mutter. Die Kätzchen lassen sie so wissen, dass sie ihre Hilfe brauchen, Hunger haben, frieren und sich nicht wohlfühlen. Während diese Lautäusserung bei Wildkatzen ver­schwindet, wenn sie erwachsen werden, behalten Hauskatzen die Babysprache ihren Menschen gegenüber bei. Sie erweitern, variieren und verfeinern sie je nach Situation. Immer wenn sie einen Wunsch haben, miauen sie. Je nachdem, ob sie betteln, etwas fordern, Erwartung ausdrücken oder sich beklagen, passen sie ihr Miauen ganz individuell an. Unterschiede in der Ausformung dieses Lauts bestehen nicht nur zwischen Rassen, sondern auch zwischen einzelnen Individuen. Wer länger mit ihnen zusammenlebt, wird die einzelnen Nuancen von «Mi» und «Mrr» über «Mhgau» bis «Mararauarau» verstehen lernen.

Ansteigender Triller: Hallo! und komm mit!

Ein leises Zwitschern gibt die Katzenmutter von sich, wenn sie zu ihren Jungen ins Nest zurückkehrt. Das ist ihre Begrüssung. Mit dem gleichen Ton, der auch zum ansteigenden Triller gesteigert werden kann, fordert sie den Nachwuchs auf, ihr zu folgen. Erwachsene Hauskatzen begrüssen auf diese Weise ihren Menschen, wenn sie von draus­sen hereinkommen. Meist nähern sie sich gleich ihrem Futterplatz und fordern dazu auf, ihnen dorthin zu folgen. Die Katze ahmt hier das Verhalten ihrer Mutter nach und verhält sich dem Menschen gegenüber so, als sei er ein Jungtier.

Schnurren: Ich tu dir doch nichts!

Auch das Schnurren ist eine Lautäusserung und bedeutet «Ich bin friedlich gestimmt.» Es hat seinen Ursprung ebenfalls im Wochenbett. Die Jungen, die bei der Mutter liegen und saugen, signalisieren ihr so, dass alles in Ordnung ist. Das Gleiche versichert die Mutter ihnen durch ihr beruhigendes Schnurren. Später beginnen Jungkatzen oft zu schnurren, wenn sie sich erwachsenen Katzen nähern, um mit ihnen zu spielen. So teilen sie mit, dass sie in friedlicher Absicht kommen und ihre untergeordnete soziale Stellung akzeptieren. Die ältere Katze tut das Gleiche, wenn sie einer jungen schnurrend signalisiert, dass diese von dem Kontakt nichts zu befürchten hat. Das Schnurren soll also beruhigen oder beschwichtigen. Es bedeutet nicht immer, dass die Katze sich wohlfühlt, denn auch kranke und schwache Katzen schnurren, um einem Angriff vorzubeugen. In fremder Umgebung, zum Beispiel beim Tierarzt, beginnen Katzen, denen es gar nicht gut geht, häufig zu schnurren.

Heulen und Fauchen: Hau ab, sonst passiert was!

In Situationen, in denen die Katze sich in die Enge getrieben fühlt und nicht weglaufen kann, stösst sie oft einen hohen kehligen Heulton aus, der als Drohung verstanden werden kann. «Lass mich in Ruhe, sonst tu ich dir was.» Aber auch tiefes Knurren vermittelt diese Botschaft, ebenso wie das Fauchen und Spucken. Diese Laute sind zwar an sich nicht geeignet, einen stärkeren Gegner abzuschrecken, dennoch tun sie oft ihre Wirkung. Ihnen liegt die uralte Erfahrung zugrunde, dass Säugetiere grosse Angst vor Giftschlangen haben. Die Katze ahmt Laute und Gebaren einer aggressiven Schlange nach. Durch dieses Mimikry kann sie beim Gegner die tief sitzende Furcht vor dem tödlichen Biss aktivieren und ihn so in die Flucht schlagen. Auch Knurren oder Brummen wird als Drohung und Abschreckung eingesetzt.

Kreischen: Ich hab eine Wut auf dich!

Das anhaltende, auf- und abschwellende Jaulen und Kreischen der Katzen wird gemeinhin als Ausdruck ihrer sexuellen Begierde verstanden, was allerdings ein Irrtum ist. Tatsächlich tritt es gehäuft zur Paarungszeit auf. Das liegt aber daran, dass dann mehrere Kater auf engem Raum zusammenkommen und ihren feindseligen Gefühlen gegeneinander Luft machen. Sie haben ihr gesichertes Territorium verlassen und müssen sich durch Schreien und Kämpfen gegen ihre Konkurrenten durchsetzen und diese vertreiben. Ernsthaft streitende Weibchen können ebenso laut und eindrucksvoll kreischen.

Schreien: Es tut weh!

Auch Schmerzensschreie gequälter oder verletzter Katzen sind ein Kreischen, Jaulen oder Quäken, das sich nicht wesentlich von den Klagelauten anderer leidender Tiere unterscheidet. Eine Besonderheit bei Katzen ist die Tatsache, dass das Weibchen am Ende des Paarungsakts einen lauten Schmerzensschrei ausstösst. Der Penis des Katers ist nämlich mit Stacheln versehen, und wenn er ihn herauszieht, empfindet die Katze einen Schmerz, der sie aufschreien lässt. Das macht sie zornig, und wenn der Kater nicht schnell entkommt, wird er mit den Krallen traktiert.

Lautäusserungen sind jedoch nur ein Aspekt des Kommunikationsverhaltens von Katzen. Sehr wichtig und ebenfalls deutbar ist ihre Körpersprache.

Die Körpersprache der Katze

Wollen Sie verstehen, was die Katze Ihnen mitteilt? Verhaltensforscher haben untersucht, was ihre Körpersprache bedeutet und welche biologischen Ursachen sie hat.

Katzen nutzen, neben ihrer Stimme, Körperhaltung und die Bewegung einzel­ner Körperteile, um zu kommunizieren. Was sie Artgenossen und Menschen auf diese Weise mitteilen, dient der Kontaktpflege und signalisiert die verschiedenen Stimmungen, in denen sie sich befinden. Zu wissen, was Verhaltensforscher wie Paul Leyhausen und
Desmond Morris herausgefunden haben, kann auch im täglichen Umgang mit der eigenen Hauskatze nützlich sein.

Das Reiben: ein Begrüssungsritual

Wer mit Katzen zusammenlebt, weiss um ihr Begrüssungsritual. Die Katze sucht Körperkontakt, streicht dem Men­schen um die Beine und reibt ihren Kopf und ihre Flanken daran. Oft schlingt sie auch ihren Schwanz um die Beine. Reicht man ihr eine Hand hinunter, reibt sie auch daran den Kopf. Danach setzt sie sich und leckt ihr Fell. Was wir als Gesten der Zärtlichkeit auffassen, hat biologische Ursachen. Der Katze geht es dabei um den Austausch von Gerüchen. Sie bringt ihre Duftdrüsen an den Schläfen, im Mund und am After mit dem Körper des Begrüssten in Berüh­rung, übermittelt ihm ihren Duft und nimmt seinen Geruch auf. Durch das Ritual wird die Zugehörigkeit zur «Familie» ausgedrückt und immer wie­der erneuert. Das Putzen nach der Begrüs­sung dient also nicht der Sau­ber­keit, sondern der Aufnahme des Familien­geruchs. Da die unter Katzen übliche freundliche Begrüssung, das Köpfchenreiben, im Kontakt zum Menschen wegen dessen Grösse nicht möglich ist, stellen sich Katzen in dieser Situation auch gern auf die Hinterbeine, manche machen sogar einen Hopser.

Die Stellung der Ohren

Im Gegensatz zu Menschen können Katzen durch die Stellung ihrer Ohren Emotionen ausdrücken. Bei einer entspannten Katze zeigen die Ohröffnungen nach vorne und leicht nach aussen. Ist Wachsamkeit erforderlich, werden die Öffnungen direkt nach vorn gerichtet. Bei Aufregung zucken die Ohren. Eine defensive Stimmung drückt die Katze aus, indem sie ihre Ohren anlegt. Sie werden dann nach hinten fest an den Kopf gepresst, um sie vor Verletzungen zu schützen, möglicherweise auch, um kleiner zu erscheinen. Das
gefährlichste Ohrsignal ist das Nach-vorn-Klappen der Ohren, so dass ihre Rückseite sichtbar wird. Es drückt eine feindselige und angriffslustige Stimmung aus. Auch wenn die Rückseite der Ohren bei unseren Hauskatzen keine alarmierende Fellzeichnung aufweist wie zum Beispiel beim Tiger, verstehen Artgenossen diese Drohgebärde.

 

Die Augensprache der Katze

Es ist bekannt, dass die Pupillen der Katze sich bei Helligkeit verengen und bei Dunkelheit weiten. Letzteres erlaubt es ihr, auch bei wenig Restlicht erfolgreich auf Jagd zu gehen. Aber auch am Tag können sich die Pupillen plötzlich erheblich erweitern. Das deutet auf gros­se Erregung hin, die angenehm sein kann, zum Beispiel beim Anblick von leckerem Futter, oder unangenehm, etwa wenn ein Gegner sich nähert. Hat die Katze die Lider halb geschlossen, ist dies ein Zeichen dafür, dass sie wohlig entspannt ist. Ein völliges Schliessen der Augen im Wachzustand ist eine Geste der Beschwichtigung. Wer bei einem Kampf unterlegen ist, dreht sich weg und schliesst die Augen. Nicht nur, um sie vor Verletzung zu schützen, sondern auch, um die Gefahr auszublenden und so die Spannung zu mindern. Für den Gegner ist dies ein Zeichen der Kapitulation. Angestarrt zu werden, ist für Katzen übrigens sehr unangenehm, es kündigt ihnen eine aggressive Handlung an. Daher sollten wir lieber ein wenig an ihr vorbeisehen.

Der Schwanz drückt die Stimmung aus

Sehr deutlich ist an der Schwanzhaltung die Stimmung der Katze abzu­lesen: Weist er in einer leichten Kurve nach unten, Spitze nach oben, ist die Katze entspannt. Weist er leicht nach oben, ist es an etwas interessiert. Eine freudige Begrüssungsstimmung zeigt ein hoch erhobener Schwanz an, während ein nach unten zwischen die Hinterbeine gesenkter Schwanz Unterwerfung signalisiert. Eine Katze, die Angst hat, plustert den gesenkten Schwanz auf, eine aggressive Katze peitscht damit heftig hin und her. Der zur Seite gelegte Schwanz der Katzenweibchen zeigt dem Kater, dass er sie jetzt besteigen darf. Eine Katze, die mit dem Schwanz wedelt, befindet sich in einer Konfliktsituation. Wenn zwei widersprüchliche Wünsche (nach draussen gehen – nicht nass werden wollen) gleich stark sind, drückt der von einer Seite zur anderen zuckende Schwanz diese Unentschlossenheit aus.

Der Buckel dient der Abschreckung

Eine Katze, die sich bedroht fühlt, richtet sich auf ausgestreckten Beinen auf (Angriffsstellung) und krümmt den Rücken zu einem umgedrehten U (Angst­reaktion). Gleichzeitig sträubt sie das Fell und stellt sich quer vor ihrem Gegner auf. Alles zusammen bewirkt, dass sie grös­ser und gefährlicher wirkt, als sie ist. Gelingt die Abschreckung, zieht sich der Gegner zurück und ein Kampf wird vermieden. Schon kleine Kätzchen üben diese Pose gern im gemeinsamen Spiel.

Ersatzhandlungen: Lecken und Schnattern

Die Bedeutung von zwei typischen Verhaltensweisen sei abschliessend erklärt: Wenn etwas geschieht, was die Katze irritiert oder verblüfft, macht sie eine kurze Leckbewegung mit der Zunge. Das ist eine Verlegenheitsgeste, vergleichbar unserem Am-Kopf-Kratzen. Im Moment weiss sie nicht, was sie tun soll, also leckt sie sich mal schnell über den Mund. Das Schnattern oder Zähneklappern hat mit dem Beutefang zu tun. Es ist eine Leerlauf-Handlung. Sieht die Katze ein Beutetier, das sie nicht erreichen kann (einen Vogel vor dem Fenster), führt sie den Tötungsbiss aus und wiederholt ihn auf stereotype Weise, obwohl sie keine Beute zwischen den Zähnen hat. Dies mag zur Spannungsabfuhr beitragen.   

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