defekte gene bei hund und katze kann zu nierenerkrankungen führen

Erbliche Nierenerkrankungen bei Hund und Katze

Erblichen Nierenerkrankungen liegt immer ein Gendefekt zugrunde. Sie sind also immer angeboren. Aber nicht alle angeborenen Erkrankungen sind das Resultat eines Gendefekts. Es können auch Defekte durch eine Störung während der embryonalen Entwicklung entstehen. Die Unterscheidung der beiden möglichen Ursachen kann sich schwierig gestalten.

Text: med. vet. Gabrielle Brunner / www.vettrust.ch   Titelbild: Sergey Nivens/stock.adobe.com

Die häufigsten erblichen Nierenerkrankungen lassen sich in folgende Gruppen einteilen:

  • Nierendysplasie
  • primäre Glomerulopathien
  • polyzystische Nierenerkrankungen
  • Amyloidose

Die Nierendysplasie

Unter Nierendysplasie versteht man eine Unterentwicklung des Nierengewebes. Der Nierenschaden führt zu unterschiedlicher Ausprägung einer Nierenfunktionsstörung – je nachdem, wie stark die Dysplasie ausgeprägt ist. Meist sind die Symptome schon sehr früh im Leben der betroffenen Tiere sichtbar. Typische Anzeichen sind die gleichen wie beim Nierenversagen: erhöhte Trinkmenge, Untergewicht, Appetitstörungen und Erbrechen.

Mittels Blutuntersuchung kann eine unterschiedlich ausgeprägte Erhöhung der Nierenwerte festgestellt werden. Die Diagnose erfolgt mithilfe einer Nierenbiopsie. Im Labor wird das Gewebe mikroskopiert und es wird unreifes Nierengewebe festgestellt.

Betroffene Hunderassen können sein: Zwergschnauzer, Chow Chow, Golden Retriever, Grosspudel, Lhasa Apso, Shih Tzu, Soft Coated Wheaten Terrier, Alaskan Malamute, Kooiker-Hund. Natürlich kann auch bei anderen Rassen und bei Mischlingen eine Nierendysplasie sporadisch vorkommen.

Die Verantwortung der Züchter

Es handelt sich bei den erblichen Nierenerkrankungen um schwerwiegende Erkrankungen, welche meistens zu viel Leiden und einem frühen Tod führen. Es besteht der Auftrag an Züchter und Zuchtverbände der betroffenen Rassen, mit den entsprechenden Abteilungen für Genetik der Universitären Tierspitäler zusammenzuarbeiten, so dass betroffene Tiere raschmöglichst gemeldet respektive identifiziert werden. Offene und transparente Kommunikation und ein engagiertes Miteinander sind der einzige Weg, wie möglicherweise die Erbgänge aufgedeckt werden können (was sich sehr schwierig gestaltet) und eine entsprechende Hygiene in der Zucht folgen kann. Nur so kann das grosse Leiden verhindert werden.

Primäre Glomerulopathien

Unter erblicher, der sogenannten «primären» Glomerulopathie, versteht man eine Erkrankung, bei welcher die Durchlässigkeit der Glomerula durch eine vererbte Autoimmunreaktion gestört ist. Das heisst, es handelt sich um eine Erkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen körpereigene Zellen wendet.

Jede Niere verfügt über etwa eine Million winziger Filtrationseinheiten (Glomeruli). Diese Glomeruli sind mikroskopisch kleine, zusammengeknäuelte Blutgefässe mit kleinen Poren. Blutbestandteile werden aus dem Gefässknäuel in ein Röhrensystem (Tubulussystem) gedrückt. Ist bei der erblich bedingten Glomerulopathie also die Durchlässigkeit dieses Filtersystems gestört, verliert der Körper Proteine über den Urin.

Meist verläuft die Glomerulopathie chronisch und entwickelt sich langsam über Jahre hinweg. Mit fortschreitender Dauer der Erkrankung wird die Nierenfunktion zunehmend eingeschränkt. Häufige Symptome sind: Blut im Harn (rötliche Farbe des Harns), hoher Eiweissgehalt im Harn (Teststreifen, Harn schäumt), Bluthochdruck bei einer Routineuntersuchung, Flüssigkeitsretention (Ödeme) mit Schwellungen an den Beinen und am Unterbauch.

Die Diagnose wird oft im Rahmen eines Gesundheitschecks gestellt. Den Hinweis dazu gibt ein auffälliger Harnbefund: Es werden rote Blutkörperchen nachgewiesen. Ein geringfügiger Nachweis von Blut im Harn kann die Folge einer Schädigung der Glomeruli sein. Des Weiteren können weisse Blutkörperchen und ein erhöhter Eiweissgehalt im Harn vorliegen. Beides sind Indikatoren für Entzündungen. Zur Sicherung der Diagnose wird eine Elektronenmikroskopie des Urins und eine Nierenbiopsie vorgenommen.

Die Wahl der Therapie ist abhängig davon, wie schwerwiegend der gegenwärtige Krankheits­zustand ist. Wichtig ist, weitere Schäden zu verhindern. Die korrekte Ernährung ist zentral.
Das oberste Ziel der Therapie ist die Reduktion des Eiweissverlusts über die Nieren. Dafür gibt es verschiedene Medikamente. Bei drohendem Übergang in ein akutes Nierenversagen ist jedoch eine konsequente, umfassende stationäre Behandlung zu empfehlen.
 
Betroffene Hunderassen können sein: Samojede, English Cocker Spaniel, Rottweiler, Welsh Corgi, Beagle, Bull Terrier, Dalmatiner, Dobermann, Bullmastiff, Neufundländer.

die Elektronenmikroskopie des Urins dienen der Sicherung der Diagnose

Laboruntersuchungen wie die Elektronenmikroskopie des Urins dienen der Sicherung der Diagnose.

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Polyzystische Nierenerkrankung

Diese Erkrankung tritt in der Tiermedizin am häufigsten unter den Nieren-Erbkrankheiten auf. Deshalb widmen wir dem Thema einen eigenen Artikel (im Anschluss an diesen Beitrag, Seite 24) und fassen an dieser Stelle nur kurz zusammen:

Polyzystische Nierenerkrankungen sind bekannt bei Perserkatzen und Persermischlingskatzen. Bei diesen Vierbeinern ist der Erbgang  autosomal dominant. Er wird also dominant vererbt.

Die Zysten treten schon bei jungen Tieren auf und werden zunehmend grösser. Dabei verdrängen sie das Nierengewebe, was zum Nierenversagen führt. Erste Zysten können also bereits im Alter von wenigen Wochen auftreten. Zum Nierenversagen kommt es im Alter von drei bis zehn Jahren. Die grösser werdenden Zysten führen oft zu Nieren­vergrösserung mit meist unregelmässiger Nierenoberfläche.

Die Diagnose erfolgt mittels Ultraschalls. Die Mutation kann mithilfe eines DNA-Tests festgestellt werden.

Die polyzystische Nierenerkrankung wurde auch schon bei West Highland White Terriern und Cairn Terriern beschrieben. Diese Würfe erkrankten schon im Welpenalter. Bei Bull Terriern wurde eine autosomal dominante Form der polyzystischen Nierenerkrankung festgestellt. Das Nierenversagen tritt ein, wenn die Hunde erwachsen sind.

Betroffene Rassen können sein: Perserkatzen (autosomal dominant), bei Hunden Bull Terrier, Cairn Terrier und West Highland White Terrier.

Shar Pei Generkrankungen

Der Shar Pei ist von familiärer Amyloidose häufiger betroffen als andere Hunderassen.

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Amyloidose

Alle Proteine bestehen aus langen Molekülketten, die sich zu einer bestimmten Form falten, die ausschlaggebend dafür ist, ob das Protein normal funktioniert oder nicht. Abnorm gefaltete Proteine verklumpen und sammeln sich in verschiedenen Geweben an. Bei der Nierenamyloidose geschieht dies in der Niere. Diese Ansammlungen werden als Amyloidablagerungen bezeichnet. Es gibt viele verschiedene Proteine, die sich abnorm falten und solche Ablagerungen bilden können. All diese Proteine werden im Körper produziert. Sie kommen nicht von der zugeführten Nahrung. Einige Amyloidproteine sind mutierte Versionen normaler Proteine. Andere wiederum sind normale Proteine, die einfach dazu neigen, sich falsch zu falten. Einige der Proteine werden durch verschiedene Krankheiten gebildet.

Am bekanntesten ist familiäre Amyloidose bei Shar-Pei-Hunden. Ein Zusammenhang mit den verdickten Hautfalten, in denen Hyaluronsäuren abgelagert sind, wird vermutet. Die übermässige Hyaluronsäureproduktion basiert auf einer Genmutation. Das Nierenversagen tritt im Mittel im Alter von etwa vier bis fünf Jahren auf. Bei manchen Shar Pei tritt auch das sogenannte Shar-Pei-Fieber auf: Eine Erkrankung, die einhergeht mit geschwollenen Gelenken und Fieber.

Bei Abessinierkatzen ist Amyloidose wahrscheinlich autosomal dominant vererbt.

Amyloidablagerungen sind vor allem im Nierenmark anzutreffen, können aber auch in den Glomerula vorkommen. Nierenversagen tritt hier im Alter von einem bis fünf Jahren auf. Im Gegensatz zu Siam- und Orientalkatzen sind Ablage­rungen in anderen Organen, insbesondere in der Leber, seltener.

Betroffene Rassen können sein: Shar Pei, English Foxhound und Beagle; Abessinierkatze, Siamkatze und Orientalkatze. 

Rat aus der Tierarztecke

«Lassen Sie einen regelmässigen Gesundheitscheck bei Ihrem Tier durchführen, bei dem auch die Nierenfunktion kontrolliert wird. Lassen Sie zudem den Blutdruck überprüfen, um rechtzeitig zu verhindern, dass die Nieren durch einen nicht korrigierten hohen Blutdruck geschädigt werden. ­Ihr Tier wird es Ihnen mit einem langen, gesunden Leben danken.»