Katze oder Kater?
Wer sich als neues Familienmitglied eine Samtpfote wünscht, steht vor der Frage «Katze oder Kater, was passt besser zu mir?».
Text: Daniela Poschmann Titelbild: yakub88/stock.adobe.com
Wir leben im Zeitalter der Gleichberechtigung, sprechen von Frauenquoten und Hausmännern. Dennoch gibt es natürliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Während die einen gerne schmusen, wollen die anderen sich auspowern. Und während die einen am liebsten im Kreise der Familie sind, brauchen die anderen ihre Streifzüge mit den Kollegen. Zugegeben etwas pauschal, aber wie ist es eigentlich in der Welt des beliebtesten Haustieres? Gibt es ähnliche Unterschiede zwischen Katze und Kater?
Unterschiede zwischen Katze und Kater
«Katzen sind die grösseren Schnurris, Kater treten viel raubeiniger auf. Sie sind weniger verschmust und mimen gerne mal den dicken Max», bestätigt auch die aus dem Fernsehen bekannte Katzen-Psychologin Birga Dexel. Auch läge es in der Natur der Kater, sich immer wieder zu raufen und zu versöhnen. Schliesslich wollen sie imponieren und ihr Revier markieren. Bei ihren weiblichen Artgenossen sieht das anders aus. Geraten diese mal in einen Kampf, ist es ernst. Nicht selten entstehen daraus regelrechte Feindschaften, denn Katzen können nachtragend sein. Da ihnen im Gegensatz zu den Männchen nicht viel am Posen liegt, gehen sie Streitigkeiten eher aus dem Weg. Es sei denn, das Revier muss verteidigt werden oder ihre Jungen sind in Gefahr. Dann weiss sich auch das weibliche Geschlecht zu wehren. Doch auch in solchen Situationen gibt die Katze nur das Nötigste. Soll heissen: Weicht der Gegner zurück, hält auch die Katze inne. Anders beim Kater. Er kämpft bis zum Ende, kommt nicht selten mit Wunden und ausgefransten Ohren nach Hause und jagt seinen Artgenossen lange hinterher.
Jede Katze ist individuell
Dieses Verhalten zeigt sich ebenso beim Spielen in der guten Stube. Während Kater mit Vorliebe wilde Raufspiele anzetteln, lieben Katzen eher spassige Verfolgungsjagden ohne oder mit wenig Körperkontakt. Akzeptiert das der ruppige Mitspieler nicht, sind die Weibchen schnell überfordert und entwickeln im schlimmsten Fall Ängste. Eine unschöne Situation für beide Seiten, denn der zurückgewiesene Kater bleibt frustriert mit seiner aufgestauten Energie zurück. Ein ähnlich geschlechtsspezifisches Spielverhalten lässt sich bei Kitten beobachten. «Das Spiel der Kater ist insgesamt etwas ruppiger, sie bevorzugen eher Jagd-spiele, verfolgen und lauern gern auf und üben schon früh Nackenbisse», so Dexel. Junge Katzen begeistern sich hingegen eher für Geschicklichkeits-Spiele, die sie mental fordern.
Natürlich ist jede Katze einzigartig und lässt sich nur schwer in eine Schublade packen. Und natürlich kommt es auch auf die Rasse an, die man zuhause hat. Daher betonen Experten wie Dexel, dass es keine Patentrezepte im Umgang mit den Stubentigern gibt und Ausnahmen fast so häufig sind wie die Regel. Dennoch, einiges bleibt Fakt. Zum Beispiel, dass Katzen territorialer sind als Kater und daher eher in der Nähe des Hauses bleiben. Das resultiert schlichtweg aus der Jungenaufzucht. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Weibchen alleine für ihren Nachwuchs sorgen können, weshalb sie in der Regel mehr jagen und sich fürsorglicher und mitfühlender geben. Zweibeiner bekommen das zu spüren, wenn ihnen mal wieder eine tote Maus vor die Füsse gelegt wird. Einige Katzen zeigen sich auch besonders emphatisch und weichen nicht von Frauchens Seite, wenn diese sich nicht wohlfühlt oder traurig ist. So mancher Katzenhalter spricht sogar davon, dass die Katze in seine Seele blicken könne. Aber auch Kater können verschmust und gute Tröster sein, erst recht, wenn sie kastriert sind. Aber dann ist sowieso fast alles anders. Auch der Umgang untereinander ist in kastriertem Zustand meist wesentlich harmonischer, so dass mehr Kameraden anstelle von Rivalen entstehen.
Glückskatzen sind weiblich
Abgesehen vom sehr individuellen Charakter der Miezen, lassen sich in puncto Optik eindeutigere Unterscheidungsmerkmale definieren. Zum einen sind Kater grösser und bringen laut Birga Dexel etwa ein Pfund mehr auf die Waage als Katzen. Dazu hätten die meisten einen «imposanteren Kopf mit den typischen Katerbäckchen». Letzteres verwundert Katzenhalter vermutlich wenig. Fressen männliche Sofalöwen doch im Schnitt ein Drittel mehr als Katzendamen. Ausserdem haben sie ein kräftigeres Gebiss, so dass es ihnen leichter fällt, Knochen und Sehnen durchzubeissen.
Wer eine dreifarbige Katze sieht, kann sich übrigens fast sicher sein, dass es sich um ein Weibchen handelt. Solche so genannten Glückskatzen haben ein Fell, das aus schwarzen, weissen und rötlichen Nuancen besteht und diese Kombination ist bei Katern recht selten. Denn die Farbe wird immer auf dem X-Chromosom vererbt, wovon die Weibchen zwei haben, die Männchen allerdings nur eines. Sie tragen ein X- und ein Y-Chromosom. Das bedeutet, dass sie im Regelfall nur eine der beiden kätzischen Grundfarben Schwarz und Rot gleichzeitig aufweisen können. Kommt ein Kater jedoch mit schwarzen und roten Nuancen daher, hat er ein X zu viel in seinem Genpol und damit eine Chromosomenanomalie, die in vielen Fällen zur Unfruchtbarkeit führt. Im Gegensatz dazu gibt es rund neun Mal so viele rote oder rot-weisse Kater als Katzen – von gezielten Züchtungen abgesehen. Warum? Weil ihnen das Rot von ihrer Mutter vererbt wird, egal welche Farben der Vater aufweist. Auf Katzen wird diese Farbe nur vererbt, wenn das Muttertier entweder beide Grundfarben trägt oder aber beide Elterntiere rot sind.
Dass rote Katzen aggressiver, aber auch intelligenter als Artgenossen sein sollen, ist wohl auch eher ein Gerücht und wissenschaftlich nicht belegt. Und sowieso, viel relevanter als das Geschlecht ist die Vorgeschichte des Büsis, insbesondere dessen frühe Kindheit. Denn nur Katzen, die in ihren ersten Lebenswochen, in denen sie geprägt und sozialisiert werden, positive Erfahrungen mit Menschen machen, bauen später so viel Vertrauen zu ihrem Halter auf, dass sie ungezwungen schmusen und spielen können. So unähnlich ist die Katze dem Menschen also doch nicht.