Alte Hunde sinnvoll beschäftigen
Wie die Zeit doch rennt: Kaum in der Welpengruppe angemeldet und die ersten tapsigen Schritte im neuen Heim gewagt, zeigen sich doch «schwups» nun unmissverständlich die ersten Anzeichen des Alters.
Text: Oliver Weber, Ana lienert / www.der-dog-coach.ch Titelbild: Lisa H/stock.adobe.com
Grundbedürfnisse und Charaktereigenschaften eines Hundes
Im Vergleich zum Junghund, dessen Bewegungsdrang man recht einfach beobachten und wahrnehmen kann, hat der ältere Hund oft nicht mehr denselben körperlichen Bewegungsdrang. Der ältere Hund bewegt sich dennoch viel und gerne, es ist jedoch nicht mehr so gut sichtbar – es sind innere Bewegungen.
Um dies etwas deutlicher zu machen, müssen wir bei den wichtigsten Grundbedürfnissen eines Hundes beginnen. Grundsätzlich will der Hund ruhen können, essen können und er will einer Gruppe angehören (genauso wie wir Menschen). Dafür braucht er sichere Räume, Zugang zu Nahrung und zuverlässige Beziehungen zu anderen Wesen.
Dies ist beim Junghund nicht anders als beim älteren Hund. Der junge Hund unterscheidet sich aber darin, dass er alles ausprobieren möchte, sich noch selbst in der Gruppe einordnen, also einen Platz finden muss, und darin ist er sicher offener als der ältere Hund.
Sind nun die Grundbedürfnisse des Hundes abgedeckt, findet man weitere Bedürfnisse von ihm, wie z. B. das Bedürfnis, sein Wesen ausdrücken zu können. Dies ist eine Mischung aus rassespezifischen und einzigartigen, für jeden Hund spezifischen Charaktereigenschaften. Dieses Bedürfnis ändert sich grundsätzlich nie im Leben eines Hundes. Aber wir erleben, dass ein älterer Hund diesen Charakter anders auslebt als ein Junghund.
Ein Beispiel: Eine junge Hündin ist eher reserviert, wirkt scheu und zurückhaltend. Sie beobachtet viel, nimmt auch gerne mit Menschen Kontakt auf, wenn der Rahmen stimmt und ihre Menschen, an denen sie sich orientiert und denen sie vertraut, das befürworten.
Indem man der Hündin diesen Rahmen gibt, wird sie selbstbewusster, macht viele gute Erfahrungen und merkt, dass sie selbst ein gutes Gespür für Menschen und deren Absichten entwickeln kann. Diese Fähigkeit, die Menschen zu spüren, ist eine innere Bewegung, die man nicht sehen kann. Es ist eine empathische Bewegung, also in Kontakt sein mit anderen Wesen, eine Interaktion auf der Gefühlsebene. Therapiehündin zu sein für ängstliche Menschen und ängstliche Hunde, ist ihre ideale Aufgabe und sie kann ihre spezifischen Charaktereigenschaften ausleben. Das wird sich nie ändern, egal, wie alt sie ist.
Der Blick, den ich auf meinen
Hund habe, und die Gefühle,
die mit diesen Gedanken
verknüpft sind, sind wichtig
für meinen Hund.
Es gilt also, diese Charaktereigenschaften zu finden und den Tieren auch im Alter die Möglichkeit zu geben, diese auszuleben. Sei dies Nasenarbeit, soziale Aufgaben oder weitere spezifische Fähigkeiten.
Ein weiteres Thema, wie wir unsere Hunde im Alter unterstützen können, ist, unsere Aufmerksamkeit bewusst zu steuern. Habe ich ständig die mögliche Krankheit und den möglichen Tod meines Hundes vor Augen, wenn er noch gesund ist und noch lebt, kann das für ihn verwirrend sein. Der Blick, den ich auf ihn habe und die Gefühle, die mit diesen Gedanken verknüpft sind, sind wichtig für meinen Hund. Mitleid aber ist ein komisches Gefühl, wenn der Hund kein Leiden hat.
Hunde können unsere Gefühle und unsere Anspannung spüren und versuchen ständig, diese einzuordnen. Lieber lernen wir, die Aufmerksamkeit auf unsere Gefühle zu legen und ihnen Raum zu geben. Oft fühlt man Glück, wenn man seinen älteren Hund ansieht, und gleich danach kommt ein Angst- und / oder Trauergefühl. Es ist gut für uns Menschen und auch für unsere Hunde, diese Gefühle klarer wahrzunehmen und ihnen Raum zu geben.
Man kann sich also fragen:
Sind die Grundbedürfnisse meines älteren Hundes gedeckt?
- Kann er genügend ruhen – hat er sichere Räume und genügend Zeit?
- Hat er Zugang zu Nahrung?
- Bin ich ein sicherer Bindungspartner?
Kann ich die Charaktereigenschaften meines älteren Hundes bis ins hohe Alter unterstützen und fördern?
- Wie hat er sich als Junghund bewegt?
- Was waren seine Lieblings-«Tätigkeiten»?
- Wie kann ich dem Hund diese Interaktionen weiterhin ermöglichen?
Nehme ich mir genügend Zeit für
- bewusste Aufmerksamkeit auf meine eigenen Gefühle als Hundehalter?
- beziehungsfördernde Sachen wie «Näheliegen» mit meinem Hund, Massage oder Fellpflege für meinen Hund?
Körperliche Bewegung in angemessenem Rahmen tut auch dem älteren Hund gut.
Foto: Halfpoint/stock.adobe.com
in erfülltes Leben hat für unseren Hund wie auch für uns Menschen damit zu tun, dass wir unser Wesen ausdrücken dürfen, dass wir eingebunden sind in eine grössere Gruppe und dass wir in Sicherheit ruhen und essen dürfen.
Vielleicht war der Hund ja ein Hobbysportler oder sogar ein Spitzensportler? Egal, auch im Alter tut moderate Bewegung gut und fördert die Gesundheit. Sicherlich ist es ratsam, sich Gedanken zu machen, was und wieviel davon tut dem Hund im aktuellen Lebensabschnitt gut.
Abschliessend bleibt unser Expertenrat: Es ist nicht unbedingt relevant, was man mit seinem Hund im Seniorenalter in Sachen Auslastung tut, sondern die Regelmässigkeit und die Anpassung an die momentane Gesundheit des Hundes sind wichtig.