Tiere eignen sich nicht als Geschenk!
Alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit kommt bei Kindern der Wunsch nach einem Tier als Spielkameraden auf. Dass Tiere im Allgemeinen – und ganz besonders für Kinder – als Geschenke ungeeignet sind, ist vielen Menschen wenig bewusst. Oft unbedacht wird deshalb der Wunsch nach einem pelzigen Kameraden erfüllt. Die Freude, die dem Kind damit bereitet werden soll, hält in vielen Fällen nicht lange an. Dann sind die Eltern gefragt, sich um den Familienzuwachs zu kümmern. Im schlimmsten Fall wird das Tier ins Tierheim abgeschoben oder gar ausgesetzt, weil es schlicht unerwünscht ist.
Text: Alexandra Spring / Vanessa Gerritsen Titelbild: otsphoto/stock.adobe.com
Kinder kommen irgendwann in ein Alter, in dem der Teddybär nicht mehr interessant ist und sie sich stattdessen ein echtes Tier zum Kuscheln und Spielen wünschen. Nicht selten kommen Eltern, Grosseltern und Paten einem solchen Wunsch zum Geburtstag oder zu Weihnachten nach – leider oft, ohne sich nähere Gedanken darüber zu machen. In vielen Fällen bringt ein geschenktes Tier jedoch schon nach kurzer Zeit Probleme mit sich: Dem Kind wird es schnell zu mühsam, regelmässig das Meerschweinchengehege zu putzen, die Katzenkistchen zu säubern oder mit dem Hund Gassi zu gehen.
Tierhaltung bedeutet Verantwortung
Tiere bereiten Freude, ganz klar. Ein Tier zu halten bedeutet aber auch eine grosse Verantwortung und bringt zahlreiche Pflichten mit sich. Nicht selten werden diese Verpflichtungen stark unterschätzt. Aus diesem Grund muss die Anschaffung eines Tieres sehr gut überlegt sein. Wer ein Tier halten möchte, muss sich unbedingt vor dem Kauf die Frage stellen, ob er oder sie die Zeit, ausreichend Platz, Geduld und auch die finanziellen Möglichkeiten hat, um dem künftigen Familienmitglied ein tiergerechtes Dasein zu bieten. Dasselbe gilt auch bei Tiergeschenken. Will der Beschenkte wirklich für mehrere Jahre die Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen? Darf er in seiner Mietwohnung überhaupt Tiere halten? Und ist die ganze Familie mit dem vierbeinigen Zuwachs einverstanden?
Aus der Sicht des Tierschutzes ist von Tiergeschenken grundsätzlich abzuraten. Die artgerechte Tierhaltung muss beim neuen Tierhalter auf jeden Fall gewährleistet sein. Dies erfordert jedoch Fachkenntnisse und viel Zeit. Die meisten Tierarten sind anspruchsvoll in der Pflege und für Kinder nicht geeignet, da sie von ihnen ohne sorgfältige Unterrichtung durch die Eltern in der Regel als Spielzeug betrachtet und entsprechend behandelt werden. Gerade bei Kindern beliebte Tiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Hamster oder Chinchillas sind keine Kuscheltiere und dürfen nicht nach Belieben hochgehoben oder herumgetragen werden. Was für die Kinder ein Vergnügen darstellt, versetzt die betroffenen Tiere in erheblichen Stress. Eine zusätzliche Belastung bedeutet der ungewohnte Rhythmus, wenn Kinder tagsüber mit den von Natur aus dämmerungs- oder nachtaktiven Tieren spielen wollen. Hinzu kommt, dass die anfängliche Begeisterung über das lebende Geschenk oftmals bald abflaut, weil die niedlichen Jungtiere schnell zu gross und arbeitsintensiv und damit für den Beschenkten lästig werden. Wer einem Tierliebhaber eine Freude machen will, sollte sich also vorgängig gut überlegen, ob ein lebendiges Tier wirklich das richtige Geschenk ist. Weil die Ansprüche an die Tierhaltung oft unterschätzt werden, ist es sinnvoll, zuerst ein Buch über die Bedürfnisse der betreffenden Tierart zu schenken. So hat die interessierte Person die Möglichkeit, sich ein Bild davon zu machen, was das Leben mit dem neuen Gefährten konkret bedeutet. Auf dieser Grundlage kann sie hernach ent-scheiden, ob sie hierfür tatsächlich in der Lage und ob die Zeit dafür reif ist.
Wenn die süssen Welpen heranwachsen, kann das für ungenügend vorbereitete Halter zum Problem werden.
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Ein Geschenk verpflichtet
Bei einer Schenkung handelt es sich um einen Vertrag, auf den die Regeln des Obligationenrechts anzuwenden sind. Juristisch ausgedrückt bedeutet eine Tierschenkung, dass eine Person einer anderen ein Tier übergibt und ihr das Eigentum an diesem überträgt, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Die Rückgabe eines Geschenks ist nur dann möglich, wenn der Schenker das Tier freiwillig zurücknimmt; gesetzlich verpflichtet ist er hierzu nicht. Wer ein Tiergeschenk annimmt, muss sich vorgängig also gut überlegen, ob er die damit verbundene Verantwortung auch wirklich übernehmen will und kann. Gegenüber dem Tier ist es unverantwortlich, dieses bei Nicht-Mehr-Gefallen zurückzugeben oder ins Tierheim abzuschieben. Auch eine Rückforderung durch den Schenker ist nach Vertragsabschluss nicht mehr möglich, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Das Gesetz sieht hiervon aber immerhin einige wenige Ausnahmen vor. So etwa kann ein Tier zurückverlangt werden, das als Verlobungsgeschenk überreicht wurde, wenn die Heirat ins Wasser fällt. Dasselbe gilt, wenn der Beschenkte gegen den Schenker oder eine ihm nahestehende Person eine schwere Straftat verübt oder ihm gegenüber familienrechtliche Pflichten (vor allem die gegenseitige Pflicht zum Beistand und zur Rücksichtnahme in der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft) schwer verletzt.
Eltern haben ein Vetorecht
Damit eine Schenkung gültig zustande kommt, muss der Schenker handlungsfähig (mündig und urteilsfähig), also mindestens 18 Jahre alt und in der Lage sein, die Folgen seiner eigenen Handlungen vernunftgemäss abzuschätzen. Beim Beschenkten hingegen genügt die Urteilsfähigkeit, während die Mündigkeit nicht vorausgesetzt wird. Bei einem Kind wird die Urteilsfähigkeit etwa dann bejaht, wenn es die Verant-wortung, die eine Tierhaltung mit sich bringt, abschätzen kann und weiss, was es bedeutet, für ein Tier zu sorgen. Obwohl sie noch minderjährig sind, können unter Umständen also auch Kinder eine Schenkung rechtsgültig annehmen.
Weil ein Heimtier aber nicht nur Vergnügen, sondern auch Verantwortung bedeutet und die gesetzlichen Tierhalterpflichten selbstverständlich auch für Minderjährige gelten, haben die Eltern (beziehungsweise der gesetzliche Vertreter) bezüglich der Schenkung ein Vetorecht. Sie können die Annahme des Geschenks verweigern oder die sofortige Rücknahme durch den Schenker verlangen. Wer einem Kind ein Tier schenken möchte, sollte deshalb vorgängig dessen Eltern fragen, ob sie damit ein-verstanden sind. Bedacht werden sollte dabei auch, dass ein Geschenk mitunter Druck erzeugen und den Beschenkten gegen seinen Willen – etwa aus Höflichkeit – dazu veranlassen kann, es anzunehmen. Um zu vermeiden, dass Tiere wegen falscher Haltung leiden oder ins Tierheim abgeschoben werden, verzichtet man am besten ganz auf Tiergeschenke.
Auflagen und Bedingungen sind möglich
Eine Schenkung kann mit sogenannten Auflagen verbunden werden. Dabei handelt es sich um Anweisungen, wie der Beschenkte mit dem Tier umzugehen hat. Als Vorsichtsmassnahme sollte die Schenkung eines Lebewesens mit der schriftlichen Auflage verbunden werden, dass das Tier vom Beschenkten unter strikter Einhaltung der Tierschutzgesetzgebung – oder besser: über diese rechtlichen Minimalanforderungen hinaus – gehalten werden muss. Denkbar sind auch andere Arten von Auflagen, etwa dass der Beschenkte das Tier nicht für die Zucht oder für Ausstellungen verwenden darf. Hält sich der Beschenkte nicht daran, kann der Schenker das Tier innerhalb eines Jahres, seit er vom Verstoss gegen die Auflage erfahren hat, zurückfordern und ihm einen besseren Platz suchen.
Von einer Auflage ist eine Bedingung zu unterscheiden, die bei einem Tiergeschenk ebenfalls zulässig ist. Bei einer solchen wird die Schenkung erst verbindlich, wenn die Bedingung eintritt, so etwa, wenn vereinbart wird, jemandem ein Jungtier einer bestimmten Katze zu schenken, falls diese trächtig wird. Hat das Tier dann aber nie Nachwuchs, ist der Schenker nicht zur Schenkung eines anderen Büsis verpflichtet.
Die Tierschutzgesetzgebung stellt lediglich die Grenze zur Tierquälerei dar, und ihre Umsetzung ist im Übrigen gerade im wenig transparenten Heimtierbereich mangelhaft. Eine den Bedürfnissen des jeweiligen Tieres bestmöglich angepasste Tierhaltung ist insbesondere aus ethisch-moralischer Sicht anzustreben. Ob der neue Tierhalter hierzu gewillt ist und über die entsprechenden Möglichkeiten verfügt, liegt in seinem Beurteilungsermessen. Daher sollte auch der bewusste Entscheid für die Aufnahme eines Lebewesens ihm überlassen und ihm keineswegs durch eine Schenkung aufgedrängt werden.
Stiftung für das Tier im Recht (TIR)
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